„AUS VERBAND UND INNUNGEN
125 Jahre Schmidtsdorff Elektromotoren
Seit 1934 ist die Firma am heutigen Standort in Alt-Moabit 73 ansässig.
Die Firma Schmidtsdorff Elektromotoren ist ein Traditionsbetrieb des Elektromaschinenbauer-Handwerks. Sie wurde am 1. Juli 1895 von dem Ingenieur Rudolf Schmidtsdorff im damaligen Berlin gegründet. Berlin in seinen heutigen Grenzen entstand erst 1920 durch das Groß-Berlin-Gesetz.
In den ersten Jahren war die Firma ein Installationsgeschäft für elektrische Bedarfsartikel. Man kann Rudolf Schmidtsdorff mit Recht als einen Pionier der Elektrifizierung bezeichnen. Später entwickelte sich das Geschäft zu einer Spezialfabrik für elektrische Maschinenapparate. Die Anfangsjahre verliefen sehr turbulent. Schmidtsdorff verlagerte sechsmal seinen Standort. Seit 1934 ist die Firma am heutigen Standort in Alt-Moabit 73 ansässig. Nach dem Ersten Weltkrieg stellte der Firmengründer Friedrich Bokelmann als Betriebsleiter und Erich Mende als Bürovorsteher ein. 1921 wandelte er seine Firma in eine GmbH um und nahm die beiden Herren als geschäftsführende Gesellschafter auf. Nach dem Ausscheiden des Gründers, trat der Kaufmann Richard Türke 1933 in die Gesellschaft ein. Rudolf Schmidtsdorff starb 1934 kinderlos im Alter von 66 Jahren. Die Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg überstand Schmidtsdorff mehr recht als schlecht. Nach dem Tod von Friedrich Bokelmann und Erich Mende verblieb Richard Türke als alleiniger Gesellschafter. Die Firma wurde in Schmidtsdorff Elektromotoren Reparaturwerk und Handel Richard Türke umgewandelt. Im August 1959 fing der Ingenieur und Meister Siegfried Lattka als Betriebsleiter bei Schmidtsdorff an. Er hatte in seiner Heimatstadt Görlitz bei der Firma Werner das Elektromaschinenbauer-Handwerk erlernt. Mit 16 Jahren zog er in den Krieg. Nachdem er aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft bei Marseille entlassen wurde, arbeitete er wieder in seiner Lehrfirma als Geselle. 1949 bestand „der junge Streber“ die Aufnahmeprüfung der Ingenieurschule Beuth in Berlin. 1952 schloss er sein Studium erfolgreich ab und arbeitete als Betriebsingenieur in der Großmaschinenfabrik der AEG in der Brunnenstraße. In dieser Zeit machte er nebenher seine Meisterprüfung. Nachdem Richard Türke die Firma Schmidtsdorff zwölf Jahre allein geleitet hatte, bot er sie seinem bewährten Betriebsleiter Siegfried Lattka zum Kauf an. Der besorgte sich einen Kredit und übernahm die Firma zum 01.01.1963. Seitdem heißt sie Schmidtsdorff Elektromotoren Reparaturwerk und -Handel Siegfried Lattka. Mit tatkräftiger Unterstützung seiner Ehefrau Waltraud Lattka modernisierte er die Firma und blieb bis zu seinem Tode Alleineigentümer. Er bildete Generationen von Lehrlingen aus und unterrichtete etliche spätere Fachkollegen als Lehrer an der Innungsfachschule. Die Mitgliedschaft in der Elektroinnung Berlin und die Kollegialität in der Fachgruppe Elektromaschinenbau waren ihm stets besonders wichtig. Seine musikalischen Beiträge mit der Ziehharmonika und Ansprachen zu christlichen Feiertagen, besonders zu Weihnachten, werden in guter Erinnerung bleiben. Die Abschaffung der Berufsbezeichnung Elektromaschinenbauer schmerzte ihn sehr. 1994 erkrankte Siegfried Lattka schwer und sein einziger Sohn, Dipl.-Ing. Andreas Lattka, stieg nach reiflicher Überlegung als Betriebsleiter bei Schmidtsdorff ein. Er hatte an der TU Berlin Wirtschaftsingenieurwesen mit der Fachrichtung Elektrische Maschinen und Starkstromanlagen studiert. Beide leiteten die Firma gemeinsam bis zum Tod des Vaters am 11. September 2015. Seitdem gehört die Firma Schmidtsdorff einer Erbengemeinschaft aus der Familie. Der Elektromotor ist heute der am weitesten verbreitete und wichtigste Antrieb in unserer hoch industrialisierten Gesellschaft. Besonders spürbar wird dies für jeden Haushalt bei längeren Stromausfällen. Die Industrie stellt Elektromotoren in der ganzen Welt her, das Elektromaschinenbauer-Handwerk setzt sie regional instand. Die Firma Schmidtsdorff Elektromotoren hatte in all den Jahren diese Dienstleistungsverpflichtung – die Reparatur von Elektromotoren und elektrischen Antrieben. Zu verdanken ist die lange Firmengeschichte nicht zuletzt auch den Kunden, den Lieferanten und besonders den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.“
DER ELEKTRO-FACHMANN, 67. Jahrgang 2020, Nr. 5/6, Seite 31